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Version vom 16. März 2012, 16:55 Uhr
Sinn und Entstehung einer Familienforschung
Vertrautheit über die Menschen, deren Gene wir in uns tragen, haben wir nur dann, wenn wir sie persönlich gekannt haben. Zu Anfang des 3. Jahrtausends A.D. sind in der Regel zwei bis drei vorhergehende Generationen bewusst bekannt. Frühere kennt man höchstens andeutungsweise aus Berichten von noch lebenden Zeitzeugen. Alle anderen und ihr großer Beitrag zur Basis unserer Existenz und unserem kulturellen Erbe verschwinden im Nebel der Geschichte. Auch die einfachen Leute haben eine Geschichte, die es wert ist, dem allgemeinen Vergessen entrissen zu werden.
Die Ahnenforschung stellt die Vorfahren in ihrem persönlichen und historischen Kontext dar. Sie trägt dazu bei, das Verschwinden von Existenzen in der unendlichen Dauer der Zeit zu verhindern. Wer einen Namen hat, bleibt im Bewusstsein der Menschen. Ein Name allein ist wie ein Wort unter einem leeren Bilderrahmen. Gelingt es mit vielen Informationen ein Bild zu skizzieren, werden die Vorfahren und Menschen der Vergangenheit lebendig. Der Bezug zur Geschichte wird konkret, wenn man erfährt, wie hart ein Urahn zu einem gewissen Zeitpunkt ums Überleben kämpfen musste.
Dieser Blick zurück auf unsere Herkunft liefert meist in interessanter Art und Weise Einsichten zu unserer Haltung und wie wir Dinge sehen und tun. Derjenige, der seine Wurzeln kennt, hat die Grundlage für das Wissen um seine Existenz in der Gegenwart und sein Handeln in der Zukunft. Natürlich fasziniert auch die Geschichte der eigenen Heimat und Handlung derer, die Ereignisse gestaltet haben. Ein komplexes Gebilde von Menschen, Dörfern, Städten und Landschaften, von Verhaltensweisen und gesellschaftlichen Tätigkeiten, von realitätsbezogenem Handeln und manchmal naivem Glauben baut sich vor dem Betrachter auf.
Man versetzt sich in die Bauern, Handwerker, Knechte, Tagelöhner; Mütter die ihre meist zahlreichen Kinder durchbringen müssen und Väter auf der Suche nach Erwerbsmöglichkeiten um ihre Angehörigen zu versorgen und der drückenden Steuerlast gerecht zu werden. An diesem Punkt wird einem bewusst, dass im Wesentlichen, trotz der vielen technischen und gesellschaftlichen Änderungen, die täglichen Herausforderungen gleich geblieben sind. Es überwiegen die Geschichten der kleinen Leute, die nur wenige Spuren hinterlassen haben, deren Einsatz aber zum unverzichtbaren Fundament für das Leben ihrer Nachkommen geworden ist. Sie waren selten Nutznießer, oft direkte oder indirekte Opfer der religiösen, wirtschaftlichen und militärischen Machthaber im Land.
Eine enorme menschliche Leistung ist erforderlich, wenn sich Familien über mehrere Jahrhunderte hinweg immer wieder neu am Leben erhalten; ein Leben, das meist voller Mühen und Plagen war, durchsetzt mit Kriegen und Naturkatastrophen, von denen die Mehrheit der heutigen Zeitgenossen keine Vorstellung mehr hat. Ein Beweis für den Erfolg des Geschöpfes Mensch und dem Naturgesetz des Kommen und Gehen. Die Leistung der Vorfahren lebt in uns, den Nachkommen weiter. Außerdem ist die Genealogie eine beeindruckende Zeugin des Gen-Austausches. Mit jeder Vorfahrengeneration verdoppelt sich die Anzahl der Ahnen. Somit ist man innerhalb der alten Tiroler Bevölkerung bald irgendwie verwandt. Diese Erkenntnis aus der Genealogie ist auch durch die neueste Genforschung bestätigt. Der letzte gemeinsame Vater aller heutigen Menschen (Adam des Y-Chromosoms) hat erst vor etwa 75.000 Jahren gelebt.
Wir tragen natürlich auch die vererbten Gene in uns, welche uns im positiven wie negativen weitertreiben oder zurückhalten, die wir heute für unser Leben erfolgreich einsetzen, aber auch solche die uns und anderen schaden. Als selbstbestimmende Wesen haben wir aber auch die Möglichkeit unsere Veranlagungen und Intentionen bewusst zu steuern, zum größten Nutzen und geringsten Nachteil für uns und unsere Mitmenschen. Heute noch die Gegenwart, sind wir morgen ein weiterer Punkt auf der Zeitleiste des menschlichen Lebens, auf diesem immer enger werdenden Planeten.
„Die Menschen werden schlecht, wenn sie nicht an ihre Eltern denken... - denn niemand wird sich seiner Taten schämen, wenn sich seine Kinder und Kindeskinder doch nicht an ihn erinnern. Und niemand wird gute Taten vollbringen, weil die Kinder ja doch nichts davon wissen werden.“ Tschingis Aitmatov (kirgisischer Dichter, Botschafter Kirgisistans bei der EU)
„Nicht der Wind, sondern das Segel bestimmt die Richtung.“ Aus China